Lokaltermin in der Deutschen Fotothek in Dresden, © Rudi Meisel
Lokaltermin in der Deutschen Fotothek in Dresden, © Rudi Meisel
Datum
Verortung
Ost

Die Deutsche Fotothek – seit 2003 im Neubau der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden untergebracht –, zählt mit ca. 5 Mio. Negativen und 20 Mitarbeiter*innen plus Ehrenamtliche zu den größten deutschen Bildarchiven. Gut vernetzt durch zahlreiche Kooperationen und Mitgliedschaften etwa durch die Mitbegründung der AG Kunsthistorische Bildarchive und Fototheken (AKBF) oder des Netzwerks Fotoarchive, hat sie sich in den letzten zwei Jahrzehnten vom reinen Bilddienstleister zu einer Institution mit Interesse an den Zusammenhängen, in denen Fotografie produziert wurde, entwickelt. Sie wirkt durch Ausstellungen etwa im Landesmuseum Bonn (Reihe „Aus den Archiven“) auch materiell über Dresden hinaus.

Bei unserem Rundgang mit dem Leiter Dr. Jens Bove konnten wir Einblicke in die Digitalisierung, den Bestand, das Magazin und die aktuelle Ausstellung in der SLUB nehmen. Im Dresdner Digitalisierungszentrum (DDZ), das nicht nur für die Deutsche Fotothek, sondern für die gesamte Bibliothek als Dienstleister tätig ist, wurden uns verschiedene Scanmethoden u. a. für die Massendigitalisierung gezeigt. Das Digitalisierungszentrum arbeitet hier, wie uns sein Leiter Henrik Ahlers erklärte, mit heute 12 eigenen Mitarbeitern (von denen die Hälfte auf projektgebundenen Stellen beschäftigt ist), an einer ganzen Reihe von Verbundprojekten u. a. der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG mit. Weltweites Ziel ist es, alle rechtefreien Bestände an Büchern, Bildern, Drucken, Karten, Noten usw., die noch von keiner anderen Bibliothek gescannt wurden, Nutzern digital zur Verfügung zu stellen. Verschiedene Scanmethoden inklusive der berührungsfreien Digitalisierung für empfindliche Drucke und der Reproanlage, mit der Fotografien bis 100 MB digitalisiert werden, wurden uns gezeigt. Geplant ist, wie Ahlers erklärte, für die Zukunft auch in die 3-D-Digitalisierung und in die multispektrale Bildgebung einzusteigen, letzteres, um für menschliche Augen unsichtbare und das heißt in der Bibliothekspraxis etwa in Drucken verschwundene Informationen sichtbar zu machen.

Lokaltermin bei der Deutschen Fotothek in Dresden mit dem Leiter Jens Bove (das Bild haltend). Foto: Rudi Meisel
Im Vorlageraum der Deutschen Fotothek konnten wir mit Jens Bove einige Beispiele aus dem Bestand ansehen. Dazu zählten Bilder aus den Vorlässen von Burkhard Jüttner und Jacques Schumacher sowie den Nachlässen von Paul W. John, Erwin Fieger, Reinhart Wolf und Ingolf Thiel, die ein breites Panorama von bildjournalistischer Fotografie der 1930er Jahre über die Farbfotografie, Mode der 1980er Jahre bis zu künstlerischen Arbeiten, die bis in die 2010er Jahre reichen, repräsentieren. Die Deutsche Fotothek hat gegenwärtig 100 Nach- und Vorlässe aufgenommen, darunter 50 große Bestände von Werken deutscher oder in Deutschland tätiger Fotograf*innen von nationaler kultureller Bedeutung, die konservatorisch betreut und digital langzeitarchiviert werden. Das 2012 gemeinsam mit der Stiftung F. C. Gundlach begründete „Archiv der Fotografen“, vor deren Hintergrund die Arbeit an den Nachlässen intensiviert wurde, sieht sich als Ansatz zu einem Kompetenzzentrum der Erhaltung des fotografischen Erbes. Mit dem Ziel die ausgewählten Werke in der öffentlichen Wahrnehmung zu erhalten oder sie wieder zu aktivieren, stellt die Deutsche Fotothek nicht nur Bilder online und vertreibt sie, sondern produziert Ausstellungen und jedes Jahr rund zwei Bücher gemeinsam mit dem Verlag der Kunst, bisher u. a. über Christian Borchert, Walter Hahn oder Richard Peter.

Im Magazin, das wir durch einen kleinen Vorraum zur langsamen Klimatisierung der Negative und Dias betreten haben, konnten wir Einblicke in das archivierte Material erhalten. Darunter einige Konvolute noch in den ursprünglichen Kartons und Ordnern, wie sie in die Fotothek kamen. Die Gestaltung hatte mitunter einen eigenen Reiz. Hier haben wir neben anderem einen besonderen Schatz des Archivs, ein Glasnegativ von Karl Blossfeldts Pflanzenfotografien angesehen. Die Deutsche Fotothek besitzt seit den 1980er Jahren 250 Blossfeldt-Negative, die im Zuge einer Buchproduktion des Photokina-Verlags im ehemaligen Wohnhaus des Fotografen gefunden wurden und die zeigen, wie Blossfeldt Pflanzen für die Fotografie fixiert und ‚zugerichtet‘ sowie für die Prints Bildausschnitte gewählt hat.

Zum Abschluss unseres Besuchs haben wir die kleine Ausstellung „Geteilte Erinnerungen – Das Fotoalbum: gesteckt, geklebt, gepostet“ besucht, die von der Fotothek im Buchmuseum der SLUB kuratiert wurde. Sie erschloss den eigenen Bestand von 500–600 Alben exemplarisch nach Funktionen von Familienalben über Reisealben, Kriegs- und Militäralben bis hin zu Albengestaltung und restauratorische Probleme.

Ein Text von Angela Matyssek für das Netzwerk Fotoarchive der DGPh