Porträt Ralf Grömminger. © Florian Imberger
Porträt Ralf Grömminger. © Florian Imberger
1.    Wie sind Sie zur Fotografie gekommen?

Zur Fotografie kam ich über eine FotoAG an meinem Gymnasium. 

Meine erste Kamera kaufte ich mir vom Lohn meines ersten Ferienjobs (am Bau) während der Sommerferien im zarten Alter von 15 Jahren: eine Minolta XG9 mit Normalbrennweite, ein Dunco-SW-Vergrößerer und die erste Laborausstattung. Ein Kellerraum wurde zum Labor und im Winter wurde der Entwickler mit einem Tauchsieder erwärmt (nicht zu empfehlen). Daneben lud mich ein Freund in den örtlichen Fotoclub (in Wiebelskirchen im Saarland) ein und ich nahm dort dann an ersten Club-Ausstellungen teil.

Im Fotoclub hatten wir einen SW-Spezialisten, dessen Arbeiten mich mit hochkontrastigen SW-prints auf Ilford Galerie Grad 5 faszinierten. Er war derjenige der die Lunte legte - ab da kam nichts anderes mehr infrage als Fotografie. Erst später sah ich in seiner Fotografie Parallelen zu Mario Giacomellis tanzenden Mönchen im Schnee - bis heute ein zentrales Werk für mich und ein Beispiel für meisterhafte Komposition.


Die erste Publikation war dann das Titelbild unserer Abizeitung 1983: 6 Kommilitonen standen mit heruntergelassenen Hosen unter dem Eingangsschriftzug MENS AGITAT MOLEM. Als direkte Reaktion wurde die sonst übliche namentliche Nennung aller Abiturienten des Jahrgangs in der Lokalpresse von der Schulleitung abgesagt. Da erlebte ich gleich zu Beginn, dass Fotografie etwas bewirken kann.

Nachdem Bewerbungen an verschiedenen FHs und Fotoschulen erfolglos blieben, begann ich eine Ausbildung bei Günther Ruschel, einem Kameramann und Fotografen, der mir u.a. durch seine frühere Zusammenarbeit mit Peter Scholl Latour und Rainer Werner Fassbinder den Horizont weitete - Geschichten um Fotografie und Film waren Teil des täglichen Ablaufs. Diese Ausbildung war ein großes Glück, erleichterte sie doch meinen späteren Einstieg in die Bewegtbildproduktion, die heute ein wichtiger Teil meiner Tätigkeit ist.

2. Welcher Bereich der Fotografie ist aktuell am wichtigsten für Sie?

Angewandte Fotografie und Film für Unternehmen und Werbung. Dabei sind Menschen in ihrer Arbeitsumgebung und Portraits die zentralen Themen. Seit 5 Jahren engagiere ich mich darüber hinaus als Dozent für Fotografie in der beruflichen Bildung.

3. Welches fotografische Projekt würden Sie in Zukunft gerne umsetzen?

Von 2011 - 2013 realisierte ich zusammen mit der Künstlerin Tilda George das Projekt „Russland24Karat“. Uns interessierte der Blick der russischen Kulturelite auf das eigene Land und damit einhergehend die Erweiterung unseres Blicks auf das Land im Allgemeinen. Entstanden sind dabei ikonenhafte, vergoldete Portraits von Künstlern, Schriftstellern, Filmleuten, Forschern, Schauspielern etc. sowie Interviews derselben. 
Dazu würde ich gerne ein Anschlussprojekt realisieren.

4. Nennen Sie uns zwei bis drei Fotobücher oder fotografische Arbeiten, die Sie besonders beeindruckt haben.
  • Untitled: Diane Arbus | Ihre Arbeiten begleiten mich von Beginn an. Ich mag die Radikalität mit der Sie ihre Fotografie betrieb.
  • Eberhard Grames - Die Ballade von Rita Tushingham | Die perfekte Symbiose von Poesie und technischer Perfektion mit Großformat und in Farbe.
  • Thomas Demand - Katalog zur Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie, Hrsg. Udo Kittelmann | Hinter jedem Bild steht Geschichte und es breitet sich ein großes Unbehagen aus.
5. Welche historische Persönlichkeit der Fotogeschichte hätten Sie gerne kennen gelernt?

Louis Daguerre. 
Er hat sich sehr früh mit der Wirkung von Bildern befasst, noch vor der Erfindung der Fotografie. Als Unternehmer betrieb er Dioramen in Paris und London und verknüpfte von Beginn an seine fotografischen Aktivitäten mit wirtschaftlichen Notwendigkeiten. Ich würde mich mit ihm gerne über zukünftige Geschäftsmodelle von Fotografen unterhalten.
 

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