Lutz Matschke. @ Pepe Mateos, 2017
Lutz Matschke. @ Pepe Mateos, 2017
1. Wie sind Sie zur Fotografie gekommen?

Schon in meiner Kindheit näherte ich mich der bildenden Kunst: die Wände meines Elternhauses in Buenos Aires, Argentinien, waren mit Gemälden, Radierungen und Stichen bedeckt, allesamt sehr malerisch. Weil mein Vater Erich so viele Werke kaufte, mussten einige davon warten, im Wohnzimmer aufgehängt zu werden, und in der Zwischenzeit standen sie hinter dem Schlafzimmerschrank wie in einem Wartezimmer. Der Zahnarzt Dr. Enrique Febbraro war unser Nachbar (und einer der Initiatoren des Internationalen Tages der Freundschaft), er sammelte zeitgenössische Kunst, und in seinem Haus beeindruckten mich mehrere Aktbilder, eines hing sogar im Esszimmer. Ich glaube, von da an faszinierte mich die zweidimensionale Darstellung des Körpers.

Mit 15 machte ich mit zwei Freunden eine Rucksackreise nach Patagonien. Kochen und fotografieren waren meine Lieblingsaufgaben; zu dritt teilten wir uns eine Agfa Silette Kamera (Modell 1954-1957, ohne Belichtungsmesser), und für die zweimonatige Tour standen uns nur drei Agfacolor CT 18 Dia-Filme zur Verfügung.

Danach verlor ich meine erste Kodak Instamatic Kamera während ich durch das eisige Wasser des Alerce Flusses in der Nähe des Cerro Tronador watete. Als die Strömung mir die Plastikkamera wegriss, bedauerte ich den Verlust der Bilder, die in den Wassermassen des Alerce Gletschers fortschwammen.

Ab diesem Moment nahm die Fotografie endgültig bei mir einen Platz im Herzen und im Leben ein. Etliche Jahre später las ich folgendes Zitat von Garry Winogrand:“I photograph to find out what something will look like photographed / Ich fotografiere, um herauszufinden, wie etwas Fotografiertes aussehen wird”. Diese Neugierde hatte ich schon damals in Patagonien und sie begleitet mich noch heute.


2. Welcher Bereich der Fotografie ist aktuell am wichtigsten für Sie?

Autorenfotografie, u.a. Inszenierungen und Akt in der Natur.
Erteilung von Unterricht in zeitgenössischer kreativer Fotografie.
Fotorestaurierung und -konservierung.

  
3. Welches fotografische Projekt würden Sie in Zukunft gerne umsetzen?

Mich beschäftigt die Beziehung zwischen dem menschlichen Körper und der natürlichen Umgebung, oft inszeniere ich dafür meine eigene Gestalt. Dies entspringt meiner fast romantischen Absicht, das Schöne mit dem Guten zu vereinen, d.h. sowohl den nackten Körper, den wir haben und genießen, als auch unsere Verbindung zur Mutter Erde aufzuwerten. Derzeit editiere ich meine Fotoperformance "105 Meter unter Normalnull", 2009 an der patagonischen Depression Gran Bajo de San Julián, Patagonien, der tiefsten Senke der westlichen und südlichen Hemisphäre, entstanden. Die Fotoperformance versinnbildlicht das Gefühl „ganz am Ende zu sein“; wenn nichts weiter als Hoffnung bleibt, wenn kein Hab und Gut noch Sinn ergibt und wenn der Horizont das einzig zu erreichende Ziel scheint.


4. Nennen Sie uns zwei bis drei Fotobücher oder fotografische Arbeiten, die Sie besonders beeindruckt haben.

August Sander : 1876 – 1964. Köln ; Madrid ; London ; New York ; Paris ; Tokyo : Taschen, 1999
Edward Weston: Nudes. New York, N.Y. [u.a.]: Aperture, 1977
Oscar Pintor, Fotógrafo. Buenos Aires: Ediciones Larivière, 2015

  
5. Welche historische Persönlichkeit der Fotogeschichte hätten Sie gerne kennen gelernt?

Felix Nadar (Gaspard-Félix Tournachon, Paris 1820-1910), u.a. wegen seiner Selbstporträts als Luftschiffer.

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