Tiefen – Lichter – Bildgedächtnis einer Stadt, Hrsg.: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig

Tiefen und Lichter ist die Monografie der Leipziger Bildagentur punctum in diesem Namen ist ein Anspruch enthalten, der weit über die marktwirtschaftlichen Anforderungen der reinen Dienstleistung hinausgeht. Als punctum bezeichnete der französische Essayist Roland Barthes das irritierende, erregende oder ins Auge fallende Moment einer Fotografie - das, was Interesse am Bild weckt und es in Erinnerung bleiben lässt.

Dieser Aspekt ist in täglichen Kundenaufträgen nicht so präsent aber umso mehr in den verschiedenen fotografischen Positionen der Agenturmitglieder. Diese fotografische Kompetenz wird deutlich u.a. in „Landschaft“ (S. 21), „Biotech“ (S. 25-27), „Alltag“ (S. 30-39), „Portraits“ (S. 45-49), „Stadtbilder“ (S. 61-63), „Mode“ (S. 87-91), „systemrelevante Personen“ (S. 95-99), „von Leipzig nach Günthersdorf“ (S. 101-105), „Hände“ (S. 123-127).

Es sind 33 Jahre Zeitgeschichte mit einer einschneidenden Transformationszeit und einem atemberaubenden Stadtwandel in Leipzig, der in Serien und markanten Einzelbildern bauliche Veränderungen, prägende Persönlichkeiten und charakteristische Außenseiter der Stadtgesellschaft (1990er und 2000er Jahren) und in das kollektive Gedächtnis eingegangene Großereignisse (S.11, 15) von der Massendemonstration bis zum Messeneubau dokumentieren. Es ist der unbestechliche wie empathische Blick dieser Fotografen*innen im Wechsel von Glanzmomenten und Alltagsniederungen in einer lebendigen Stadtgesellschaft, der sich im Buchtitel Tiefen – Lichter ausdrückt. Zugleich handelt es sich um eine Technik der Bildbearbeitung, die diese Kontraste bewusst sucht und präzise hervorhebend ausleuchtet. 

Die Ausstellung TiefenLichter – Bildgedächtnis einer Stadt. 30+3 Jahre Leipziger Fotoagentur punctum ist in fünf unterschiedliche Themenblöcke untergliedert: Wendezeit und Zeitenwende, Die Baustelle, die sich als Stadt tarnte sowie Musik-, Sport und Messestadt.

Der Fotograf und Hochschullehrer Wolfgang G. Schröter (Hochschule für Grafik und Buchkunst) hatte bereits Ende 1989 einige Absolventen*innen und Kollegen*innen angesprochen, um eine Fotografen- und Bildagentur als GmbH zu gründen. Das gelungene Beispiel in Leipzig fordert aktive Fotograf *innen zu einem Diskurs über die Möglichkeiten auf seine Tätigkeit in eigener Regie zu organisieren. 

Es ist wichtig und erfreulich, dass das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig die Werkgruppen der Bildagentur punctum mit interessanten Positionen zur „deutschen Wiedervereinigung“ in einer Ausstellung und mit dieser Werkmonografie (Buch) würdigt, und so auch in ganz Deutschland bekannt macht. Die Fotografen*innen der Bildagentur „Punctum“ sind der beste Beweis dafür, dass die östlichen Bundesländer nicht von vorneherein benachteiligt sind, sondern dass sie mit Engagement und Ausdauer etwas Gleichwertiges aufbauen können. Ein weiteres Beispiel ist die Berliner Ostkreuzschule für Fotografie. (db)

Ausstellung bis 25.2.2024, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig Haus Böttchergässchen (Leipzig)

Tiefen – Lichter  
Bildgedächtnis einer Stadt
Fotografien: Bernd Cramer, Gerhard Gäbler, Peter Franke, Stefan Hoyer, Esther Hoyer, Harald Kirschner, Katia Klose, Bertram Kober, Olaf Martens, Arne Reimer, Hans-Christian Schink, Alexander Schmidt, Erasmus Schröter, Wolfgang W. Schröter, Albrecht Tübke und Wolfgang Zeyen.
Hrsg.: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig
Texte: Friederike Degner, Anselm Hartinger, Bertram Kober, Cristoph Tannert
Deutsch
Buchgestaltung Festeinband
144 Seiten, ca. 120 Abbildungen in Schwarz-Weiß und Farbe
Verlag Faber & Faber, Leipzig
ISBN 978-3-86730-254-8
24,00 €