Lisa McCord. Rotan Switch
Ein sehr persönliches Familienalbum

Mit dem Buch „Rotan Switch“ liefert Lisa McCord eine photographische, mit ihren persönlichen Erlebnissen angereicherte Dokumentation des Lebens auf der Baumwollfarm ihrer Großeltern. Die ‚Rotan‘- Farm wiederum ist nach dem zentralen Wahrzeichen der Gemeinde benannt: der Weiche, an der die Farmer ihre Baumwollballen auf Züge verluden. Obwohl seit Jahren ungenutzt, blieb die Weiche ein kraftvolles Symbol für die komplexen Überschneidungen von Industrie und Landwirtschaft, aber auch von Rassismus und Ungerechtigkeit. 

In ihrem einführenden Text stellt Alexa Dilworth unter dem Titel „Mississippi County, Arkansas“ fest:  „Es ist die Geschichte der Großeltern und der Mitarbeiter*innen der großen Baumwollfarm ‚Rotan‘ in der Gemeinde Rotan Switch, gelegen im Arkansas-Delta am Mississippi-River, 50 Meilen nördlich von Memphis, Tennessee. Dort wurde Lisa McCord geboren, dort hat sie seit 1978 über 44 Jahre lang die große, wachsende Baumwollfarm und die dort lebenden und arbeitenden Menschen mit ihrer Kamera begleitet.“ Dabei sind ganz persönliche, nichtsdestoweniger noch immer aktuelle Bilder des im Vergleich zum Umfeld kleinen Landstrichs entstanden, photographiert von einer Frau in einer von den Männern dominierten Welt. Beispielsweise war sie dabei, als 1980 der damals junge Gouverneur Bill Clinton an einem Stehpult eine Rede hielt und ihr Großvater daneben stand, die Hände gefaltet und einen Stapel Papier haltend.

Lisa McCord sagt zu ihren Photographien: „Ich wuchs zusammen mit den Hunderten von Menschen auf, die auf der Baumwollfarm meiner Großeltern arbeiteten, besuchte sie in ihren Wohnungen, wir aßen zusammen oder gingen zusammen in die Kirche. 1978, als ich 21 Jahre alt war, begann ich, das Leben auf der Baumwollfarm festzuhalten.“ Ihre Photographien zeigen daher die Personen bei ihrer normalen Arbeit, aber auch ganz privat bei ihrem Leben zu Hause.

In dem wunderbaren, hervorragend gedruckten, im Kehrer Verlag, Heidelberg, erschienenen Band „Rotan Switch“ sind die Photographien oft doppelseitig wiedergegeben und bewusst freigestellt: Die zugehörigen kurzen und mit der Jahreszahl der Aufnahme versehenen persönlichen Bildunterschriften der Photographin sind jeweils separat auf den Seiten vor- oder nach den Photographien auf freien Seiten gedruckt, um die Wirkung der Bilder nicht zu stören.

Am Ende des Buchs würdigt Aline Smithson die gekonnte Darstellung des Lebens einer ganz normalen amerikanischen Familie zusammen mit deren Verwandten und Nachbarn, während Lonnie Graham zum stillen Genießen des Familienalbums einlädt, das an frühere Zeiten erinnert – mit Abstand und mit Intimität. 

Die in 44 Jahren von Lisa McCord gesammelten Bilder und Geschichten sind eine Reflexion über die Menschen und Orte, die sie die Bedeutung des Wortes Heimat gelehrt haben. Ihr Langzeitprojekt aus analogen Schwarzweißphotographien, Familienschnappschüssen und Ephemera, wie Farbpolaroids und Rezepten, ist auch eine Selbsterforschung ihrer komplizierten Rolle in dieser Gemeinschaft. (vZ)

Lisa McCord
Rotan Switch
Texte: Alexa Dilworth, Lonnie Graham, Lisa McCord, Aline Smithson
204 Seiten mit 28 Farb- und 55 Triplexabbildungen
Format: 24 x 30 cm, Leineneinband mit zwei Titelschildern
Sprache: Englisch
Heidelberg, Kehrer Verlag
ISBN: 978-3-96900-151-6
58,00 €