David Staretz - ODESSA

Der Untertitel „Wien, wie es nie war, aber mit Meer“ sagt sehr viel über die fotografische Serie von David Staretz aus. Es ist eine Traumwelt des Fotografen, der seine Stadteindrücke in schönen und charakteristischen Bildern gestaltet und gleichzeitig hat diese Traumwelt einen realen Bezug für den Betrachter und den Fotografen. David Staretz hat durch seine russische Frau Viktoriya, die durch Sprache und Herzlichkeit persönliche Kontakte ermöglichte, die einem Touristen wohl verborgen geblieben wären, in den vergangenen 20 Jahren ein besonderes fotografisches Bild der Schwarzmeerstadt Odessa geschaffen.

Die Hafenstadt an einer Steilküste, die meisten werden die große Hafentreppe (S. 49) aus Sergeji Eisensteins Film kennen, der aber nicht zum Vergleich mit Wien anregt. Eine Sehnsuchtsstadt deren Charme ein würdevoller Verfall ist, der einen eigenen stimmungsvollen zeitlosen Charakter hat. Es ist eine Elegie am Schwarzen Meer, die man nur aus sehr unterschiedlichen Perspektiven kennen lernen kann. Von Katharina der Großen 1797 gegründet, mit mediterraner Atmosphäre kulturell durchmischt - so heißt der Badestrand „Langeron“ nach einem französischen Statthalter im 19. Jahrhundert. Ein anderer Aspekt ist die große Tierliebe der Bewohner - „Streunende Hunde bekom¬men im Winter Pullover.“

Eine sehr eindrucksvolle und inspirierende Dokumentarfotografie, die den Betrachter in ihren Bann zieht und passend in dem Vergleich „Odessa verhält sich zur Ukraine wie New York zu den USA.“ zusammengefasst ist. Auch Odessa ist eine multikulturelle Stadt, in der Ukrainer, Rumänen, Griechen, Juden, Weißrussen, Albaner, Deutsche, Armenier, Georgier, Tartaren, Gagausen, und Türken sich miteinander auf Russisch verständigen
Aus aktuellem Anlass, da die Stadt Odessa in fast jeder Nachrichtensendung erwähnt wird, macht dieses Buch besonders deutlich welche Kulturzerstörungen in der Ukraine stattfinden. Ein sehr empfehlenswertes Buch als Dokument eines europäischen Kulturverlustes, der durch eine empathische Dokumentarfotografie und kongenial durch die sehr persönlichen Texte von David Staretz vermittelt wird. Eine gelungene Publikation, die den gezeigten Werkgruppen künstlerisch gerecht wird und zum Nachdenken über die Fotografie und ihre künstlerischen Möglichkeiten anregt. (db)


ODESSA
David Staretz

Hrsg.: Rainer Iglar, Michael Mauracher
Texte von David Storetz
Deutsch
Buchgestaltung: französische Broschur
288 Seiten, 400 Abbildungen in Schwarz-Weiß und Farbe
EDITION FOTOHOF, Salzburg
ISBN 978-3-903334-13-7
33,00 €