Inge Morath - Hommage

„Man traut seinem Auge und entblößt seine Seele“ dieses Zitat aus einem Vortrag der Photographin Inge Morath (1923–2002) bei den „Berliner Lektionen“ (9.10. 1994) wird dem Buch „Hommage“ als Struktur unterlegt. Ein autobiografischer Text und Portraits der Fotografin sind für eine Retrospektive eher ungewöhnlich. Der Bildteil ist in die Kapitel „Icons“ „New York/London“, ,,Freund Künstler Schriftsteller“ , „Film Sets“ und „Frankreich Spanien Russland Iran China“ unterteilt. Das erste Kapitel „Ich traue meinen Augen...“ mit dem Vortragstext von Inge Morath endet mit dem Satz: „Und jetzt werde ich Ihnen einige Fotografien zeigen, die Sie, die Betrachter beim Ansehen vervollständigen müssen.“ Dieser Satz trifft auf jede qualitätsvolle Fotografie zu und wird durch die Fotografie auf Seite 254 eindrucksvoll bestätigt, auch wenn diese Inge Morath beim Fotografieren zeigt.

Der erste Bildteil „Icons“ stellt die bekannten Fotografien „Lama“ und „Mrs. E. Nash“ vor, und gibt als Information jeweils die Kontaktstreifen dazu. Es wird nicht begründet in welchem Zusammenhang damit eine Doppelseite aus der Masken Serie und das Motiv „window washers“ stehen. In dem Bildteil „New York/London“ dominieren Straßenszenen mit den Portraits von Gloria Vanderbilt. Der Abschnitt ,,Freunde Künstler Schriftsteller“ ist sicher mit den Portraits u.a. von „André Malraux, Friedrich Dürrenmatt, Gabriel Garcia Márquez, Pablo Neruda, Pablo Picasso, Henry Moore“ ein Schwerpunkt des Buches und brilliert mit bekannten und unbekannten Fotografien.

Wie viele ihrer Magnum Kollegen hat auch Inge Morath sich mit Reportagen von Filmsets ihr Einkommen verbessert. Moraths besondere fotografische Stärke war es neben den gewünschten PR-Motiven auch berührende Portraitstudien der Schauspielerinnen zu erstellen, die die individuellen Persönlichkeiten in privaten Momenten erkennen lassen. Aus heutiger Sicht von großem Interesse ist der breite Bildteil zu „Misfits“ mit 15 Fotografien, in dem Marilyn Monroe sich als ganz andere Persönlichkeit mit Wesenszügen zeigt, die wir nicht mit dem tradierten Bild verbinden. In dem Kapitel „Frankreich Spanien Russland Iran China“ sind die 22 Fotografien des Festivals in Pamplona, die Russland Serie und die Motive von Arthur Millers Theaterstücken in China bemerkenswert.

Das Buch „Hommage“ an Inge Morath erscheint zur retrospektiven Ausstellung in München und kombiniert 5 Bildthemen mit einem autobiografischen Text von Inge Morath zu ihrer fotografischen Arbeitsweise. Es ist bedauerlich, dass viele Bildstrecken in den 1960erJahren abbrechen und somit ihr Spätwerk nicht berücksichtigt ist.

Hat man das Buch durchgeblättert fragt man sich, hat Inge Morath hier „ihre Seele entblößt?“ hat man neue Erkenntnisse zu Inge Morath erhalten? Es ist ein repräsentativer Bildband, der mit dem Duotone Druck der SW-Fotografien den gezeigten Werkgruppen künstlerisch gerecht wird. Ein empfehlenswertes Buch als Dokument der stilistischen Impulse für die Entwicklung der journalistischen Fotografie, das den Liebhaber des Fotografie-Buches erfreuen wird. (db)

Ausstellung bis 21. Mai 2023 im Kunstfoyer der Versicherungskammer (München)

Inge Morath
Hommage

Hrsg.: Isabel Siben und Anna-Patricia Kahn
Vorwort von Rebecca Miller
Autobiographischer Text von Inge Morath
Deutsch, Englisch
Buchgestaltung Festeinband
296 Seiten, 212 Tafeln in Duotone und Farbe
Schirmer Mosel Verlag München
ISBN 978-3-8296-0972-2
58,00 €