Sebastião Salgado, Instituto Terra, Foto: Renato Amoroso
Sebastião Salgado, Instituto Terra, Foto: Renato Amoroso
Licht als Haltung – Zum Tod von Sebastião Salgado (1944–2025)

Mit Sebastião Salgado verliert die internationale Fotografie einen der bedeutendsten Bildchronisten der Gegenwart. Die Deutsche Gesellschaft für Photographie (DGPh), die ihm 1988 den Dr. Erich Salomon-Preis verlieh, trauert um einen Fotografen, der sich nie der Oberfläche, sondern stets dem Wesen des Sichtbaren verpflichtet fühlte.

Salgado war kein Reporter im klassischen Sinn. Er war ein Bildautor im emphatischen Verständnis des Wortes. Seine großformatigen Schwarzweißaufnahmen – ob in Workers, Migrations oder Genesis – tragen den Charakter von Zeitdokumenten und ethischen Manifesten zugleich. Sie zeigen nicht nur die Wirklichkeit, sie deuten sie. Und sie klagen an – durch Licht.

Geboren 1944 in Aimorés, Brasilien, begann Salgado seine berufliche Laufbahn als Ökonom. Erst durch die Arbeit in der Entwicklungshilfe fand er zur Fotografie – und damit zu seiner eigentlichen Sprache. Früh zeigte sich: Er fotografierte nicht Ereignisse, sondern Zustände. Seine Bilder erschöpfen sich nicht im Informieren. Sie wollen erinnern, mahnen, verwandeln.

Mit seiner Reportage über die Goldmine von Serra Pelada wurde er schlagartig weltbekannt. Die Aufnahmen zeigen Menschen, die wie Ameisen Gold schürfen – erschöpft, verbissen, namenlos. Doch Salgado gab ihnen Würde. Er verweigerte sich dem Voyeurismus des Elends und setzte auf eine Ästhetik, die nicht beschönigt, sondern vertieft.

Nach den Erfahrungen im vom Völkermord gezeichneten Ruanda zog sich Salgado aus der Krisenberichterstattung zurück. Er wandte sich mit seiner Frau Lélia dem Projekt „Instituto Terra“ zu – einer umfassenden ökologischen Heilungsarbeit auf dem Land seiner Kindheit. Die Wiederaufforstung des entwaldeten Regenwalds wurde zur existenziellen Antwort auf die existenzielle Erschütterung.

Salgado war ein Bilddenker mit moralischem Kompass. Seine Schwarzweißfotografie war nie bloß Stilmittel – sie war Haltung. In einer Welt der permanenten Bildreize setzte er auf Reduktion, Tiefe, Resonanz. Und erinnerte uns daran, dass Fotografie nicht nur sehen, sondern auch verstehen lehren kann.

Die DGPh verneigt sich in Dankbarkeit vor einem der letzten großen Humanisten der Kamera.
Sein Werk bleibt. Und mit ihm: das Licht.

Köln, 23. Mai 2025
Der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh)

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