
Eine fotografisch-künstlerisches „Dennoch!“ Überlebende der Shoa und ihre Nachfahren – und ihre Gedanken zur Wannseekonferenz. Aus Anlass des 80. Jahrestages am 20. Januar 2022. Ausgestellt in der Wandelhalle des Abgeordnetenhauses von Berlin.
Am 20. Januar 1942 organisierten 15 Männer die weiteren Zuständigkeiten der bereits angelaufenen Ermordung der europäischen Juden bei einer Konferenz mit Frühstück am Berliner Wannsee. Während diese 15 Täter zentrales Element des Erinnerns ist, werden ihre Opfer zumeist entpersonalisiert genannt. Dem stellt sich das Projekt WIR! SIND! HIER!“ entgegen.
Am 80. Jahrestag der Wannseekonferenz eröffnet der Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin, Dennis Buchner, in der Wandelhalle des Parlaments die Kunstinstallation. Sie zeigt den symbolischen Konferenztisch und das Dokument, das penibel auflistet, aus welchen Ländern Europas die 11 Millionen Menschen stammen, die man möglichst effizient ermorden will. Die Stühle der Täter sind leer. Um den Konferenztisch herum stehen einige jener, die nach dem Willen der Täter schon seit mehr als 75 Jahren tot sein sollten - und blicken auf die leeren Stühle und das Protokoll, das ihre Ermordung vorsieht. Manche derjenigen, die nicht zu den sechs Millionen Ermordeten gehörten, leben noch unter uns. Sie rufen „WIR! SIND! HIER!“ – im Bewusstsein, dass 15 Männer bei einer Konferenz am Wannsee ihre Ermordung für richtig hielten.
Die Installation entstand in der präsentesten Weise um den Tisch, die technisch möglich ist: Die weltweit nur einmal existierende, begehbare IMAGO-Camera fertigte für die Installation ohne Linsen, ohne Negativ, unmittelbare, lebensgroße Ganzkörperportraits auf speziellem Umkehrfotopapier. Dadurch wirken die Überlebenden bemerkenswert präsent.
Doch sie stehen nicht allein um den Tisch, sondern jeweils gemeinsam mit einem (Ur-)Enkel. Während außer Historikern kaum noch jemand die 15 Täter erinnert, sind die Überlebenden und auch ihre Nachfahren unter uns. Sie stehen als gleichberechtigte Bürger in einer demokratischen Gesellschaft mit ihren von den Beschlüssen der Wannseekonferenz betroffenen Ur-)Großeltern in der Wandelhalle des Berliner Parlamentsgebäudes und rufen: „WIR! SIND! HIER!“
Neben den bestehenden Gedenkstätten und wissenschaftlichen Zugängen vermittelt die Installation einen weiteren, einen emotional-visuellen Zugang zu den Ereignissen am Wannsee vor 80 Jahren – und was sie im 21. Jahrhundert für viele unter uns Lebende bedeuten.
Besuch nach Voranmeldung. Es gilt die 2G-Regel.
Idee, Gesamtkonzept und wissenschaftliche Koordination: Julien Reitzenstein | www.julienreitzenstein.de
Künstlerische Fotografie und fotografisches Konzept: Susanna Kraus/ IMAGO Camera | www.imagocamera.com
Mehr Informationen: www.wsh2022.de/die-idee