Kissing in a bar, New York, 1977 © Mary Ellen Mark, Courtesy of The Mary Ellen Mark Foundation and Howard Greenberg Gallery
Kissing in a bar, New York, 1977 © Mary Ellen Mark, Courtesy of The Mary Ellen Mark Foundation and Howard Greenberg Gallery
Eröffnungsdatum
Photograph*in
Mary Ellen Mark
Ausstellungsdatum
-
Name der Galerie / Museum / Ausstellungsort
Beschreibung

Eine ältere Frau mit riesigen, runden Brillengläsern, die weißen Haare fein toupiert, klammert sich an ihr Glas am Bartresen, während sie ihre Begleitung leidenschaftlich an ihre Lippen drückt. Die Zigarette liegt schon ausgedrückt im Aschenbecher, doch ‚der Abend ist noch jung‘, denkt sich das Pärchen vielleicht. Eine Schwarzweißfotografie voller Lebenslust. Ein Moment der Begegnung. Und eine der vielen spontanen Aufnahmen von Mary Ellen Mark (1940–2015).

Seit den 1960er Jahren war die US-amerikanische Reportagefotografin und Porträtistin auch eine Fürsprecherin für Menschen am Rande der Gesellschaft. In freien Projekten und Auftragsarbeiten hat sie mit großer Aufmerksamkeit und Empathie das Leben von marginalisierten Gruppen fotografiert. Ob Straßenkinder in Seattle, Psychiatrie-Patient*innen in Oregon oder Sexarbeiter*innen in Mumbai – als eine von humanistischen Idealen geleitete Dokumentarfotografin ging Mark den Hilfsbedürftigen oder Stigmatisierten nicht aus dem Weg, sondern entwickelte eine eigene Bildsprache, um die besonderen Lebensumstände würdevoll und urteilsfrei zu zeigen. Ihr Werk steht daher heute in einer Linie mit historischen Größen der sozialkritischen Fotografie wie W. Eugene Smith, Dorothea Lange, Margaret Bourke-White oder Walker Evans.

Selbst sozialisiert in einer Hochphase der US-amerikanischen Frauenrechtsbewegung, ist es kein Wunder, dass sie ihren Blick oft auf Frauen und Mädchen richtete. Oftmals tauchte sie für ihre Arbeiten über Wochen in die soziale Realität ihrer Protagonist*innen ein, um ihre visuellen Charakterstudien und Narrative weltweit zu fotografieren, ohne dabei die Schlüsselmomente für Einzelbilder aus den Augen zu verlieren. Auch nach der Veröffentlichung ihrer Bilder blieb sie mit den Porträtierten in Kontakt. In manchen Fällen fotografierte sie diese sogar jahrelang, was eine tiefe, persönliche Verbundenheit offenbart.

Die Ausstellung präsentiert fünf ikonische Projekte, an denen die Fotografin in den 1970er und 1980er Jahren arbeitete und deren abschließende Buchpublikationen maßgeblich zu ihrer Bekanntheit beitrugen: Ward 81, in der sie Frauen in einer psychiatrischen Station in Oregon über Wochen dokumentierte; Falkland Road, eine Reportage über Sexarbeiter*innen in Mumbai; Mother Teresa’s Missions of Charity, eine visuelle Erforschung sowohl ihrer Persönlichkeit als auch ihrer Mission; eine Serie über reisende Zirkusfamilien in Indian Circus oder Marks preisgekröntes Projekt Streetwise und das darauf folgende Tiny: Streetwise Revisited – beides Arbeiten, die ihr anhaltendes Bestreben veranschaulichen, die Geschichte von Erin Charles, auch bekannt als Tiny, zu erzählen. Mark begann mit dem Projekt als Tiny auf der Straße lebte und fotografierte sie (und schließlich ihre zehn Kinder) über die nächsten dreißig Jahre hinweg. [...]