
In ihrer Ausstellung MASTERING the ELEMENTS setzt sich die Fotokünstlerin Jana Hartmann mit der Alchemie als faszinierendem Ursprung der Naturwissenschaften auseinander.
Jana Hartmanns Fotografien bestechen durch große ästhetische Ausdruckskraft. Die Schönheit, Farbenpracht und Rätselhaftigkeit der Motive machen neugierig und verführen uns, wie ein Forschender der Sache auf den Grund zu gehen.
Im Zentrum der Alchemie stand die Untersuchung der natürlichen Materie und damit verbunden die Suche nach dem Urstoff. Aufbauend auf den überlieferten Erkenntnissen der griechischen Naturphilosophen gingen die Alchemisten von stofflichen Transforma-tionsprozessen in der Natur aus. Sie waren überzeugt, dass die Natur nach Perfektion strebt, genauso wie der Geist nach Vervollkommnung, und dass daher alle Metalle in der Erde dazu bestimmt seien, eines Tages zu Gold zu werden. So suchten sie nach dem „Stein der Weisen“, der die Transmutation von unedlen Metallen in Gold ermöglichen sollte, sowie die Herstellung einer Universalmedizin für die Behandlung von Krankhei-ten. „Gold, Gesundheit und langes Leben“ umschrieb Goethe das Ziel der Alchemisten.
Die Künstlerin war vor allem angetan von der nur Eingeweihten verständlichen Symbol-sprache der Alchemisten, die vermeiden wollten, dass ihre Erkenntnisse jedem zugäng-lich und missbraucht werden könnten. Für sie berührt diese vorsichtige Weitergabe von experimentellen Erkenntnissen auch heutige Fragen der Wissenschaftsethik.
Hartmanns Aufnahmen sind nicht als Dokumentationen naturwissenschaftlicher Arbeitsweisen zu verstehen, sondern als Bildreferenzen zu Konzepten der antiken Natur-philosophie, der Alchemie und der heutigen Naturwissenschaften Dabei lassen die in Szene gesetzten naturkundlichen Exponate deutlich werden, dass unser wissenschaftliches Streben vom jeweiligen kulturellen Kontext geprägt ist. Sie fotografierte zudem naturwissenschaftliche Experimente, die u. a. auf moderne Transmutationstechniken anspielen. Denn erstaunlicherweise wurde nach der Entdeckung der Radioaktivität 1925 zum ersten Mal aus einfachen Metallen tatsächlich Gold hergestellt. Darauf verweisen Aufnahmen wie das Modell eines Teilchenbeschleunigers, ein Plasma-Experiment oder die Versuchsanordnung, bei der Luft in Wasser verwandelt wird. Die Künstlerin fotografierte aber nicht nur Vorgefundenes, sondern auch von ihr gebaute Studiomodelle wie jenes, das Platons These verbildlicht, der Erde wohne eine Würfelstruktur inne.
Die Künstlerin sieht die Botschaft der Alchemisten an uns in einem ganzheitlichen Weltbild, in dem Mensch und Natur, Geist und Materie auf das engste miteinander verwoben sind. Hierin besteht eine Brücke zum fotografischen Schaffen Alfred Ehrhardts: Als „Naturphilosoph mit der Kamera“ vermittelte er das Bild des Menschen nicht als Herrscher über, sondern als Teil einer zeitlosen Natur. Hartmanns wie Ehrhardts Aufnahmen von Gesteinsformationen und anderen anorganischen Natur-materialien stehen für diese Geistesverwandtschaft.
MASTERING the ELEMENTS liefert Denkanstöße zur Ausrichtung und Verantwortung der modernen Naturwissenschaften. Es wird bildhaft vorgeführt, dass Wissen-schaft ein ständig neues Verhandeln bedingt, Experimente scheitern dürfen und eine endgültige „Wahrheit“ nicht existiert. Heute versucht man, die Rätsel der Quantenphysik zu lösen. Und was wird morgen sein?
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Verlag The Eriskay Connection, Breda.
Begleitend zur Ausstellung:
Mittwoch, 18. August 2021, 19.00 Uhr:
Online-Vortrag mit Prof. Lawrence M. Principe, Johns Hopkins University, USA: Secrets of Alchemy - Reframing Alchemy’s history and its broad influence on human culture (auf Englisch).
Moderation: Jana Hartmann.
Eintritt frei. Um Voranmeldung wird gebeten.