Das neue DGPh-Jahrbuch "frame #4“ nähert sich der Photographie auch philosophisch

Die vierte Ausgabe des Jahrbuchs frame der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) ist soeben erschienen. Sie widmet sich zum einen dem Thema Farbe in der Photographie, zum anderen dem mehr philosophischen Ansatz "Photographie denken". Dafür haben die Editoren Dr. Adelheid Komenda und Prof. Dr. Christoph Schaden Fachbeiträge von über 20 ausgewiesenen Photofachleuten zusammengestellt. "frame #4“ wurde im Steidl-Verlag herausgegeben.

Zum ersten Themenschwerpunkt Farbe erinnert Gert Koshofer programmatisch an die Pioniere der Farbphotographie, denen bis heute im Kanon der Photogeschichte eine gebührende Würdigung verwehrt worden ist. Sandra Abend wendet sich in ihrem Essay dem Wiener Piktoralisten Heinrich Kühn, einer historischen Berühmtheit, zu dessen atmosphärisch wirkende Farbarbeiten weit in das 20. Jahrhundert ausgestrahlt haben. Im Anschluss untersucht Hans-Michael Koetzle für die 1960/70er Jahre die legendären Farbstrecken der Zeitschrift "twen", während Claudia Gochmann und Felix Hoffmann die frühen Farbarbeiten von Fred Herzog wiederentdecken. Es folgen zwei Laudationes. Christoph Schaden erläutert die vielfältigen Einflüsse des US-amerikanischen New-Color-Photographen Stephen Shore auf die deutsche Photographie und F.C. Gundlach würdigt unter dem Titel „If one thing matters, everything matters” die beeindruckende Genese des in London lebenden Deutschen Wolfgang Tillmans. Für ihre bildschöpferischen Leistungen wurden beide Farbphotographen in den letzten Jahren mit dem DGPh-Kulturpreis ausgezeichnet. Abschließend untersucht Ulrike Westphal im künstlerischen Werk von Johannes Kersting eine dezidiert aktuelle Position der freien Gegenwartsphotographie, die sich im Gestaltungselement der Farbe kategorial gänzlich neu zu verorten sucht.

Unter der Überschrift "Photographie denken“ findet sich im zweiten Teil ein halbes Dutzend von Beiträgen versammelt, die in unterschiedlichster Manier die reflektierenden Qualitäten des photographischen Bildes in Augenschein nehmen. Uwe Schögl etwa rezensiert einen jüngst erschienenen Essayband von Rolf H. Krauss, der aus vier unterschiedlichen Perspektiven das Verhältnis zwischen Karl May und der Photographie zu Beginn des 20. Jahrhunderts beleuchtet. Ulrich Pohlmann würdigt in seinem Nachruf den renommierten Kunsthistoriker J. A. Schmoll gen. Eisenwerth, der hierzulande über Jahrzehnte die Gedankenarbeit zur Photographie entscheidend geprägt hat. Gottfried Jäger wiederum sichtet in einem Rückblick die von ihm maßgeblich mit organisierten "Bielefelder Symposien über Fotografie und Medien“, die nun bereits auf ihr 30jähriges Bestehen zurückblicken können. Sylvia Böhmer würdigt in ihrer persönlich gefärbten Laudatio auf Klaus Honnef, der 2011 mit dem Kulturpreis der DGPh ausgezeichnet wurde, eine intellektuelle Koryphäe der Photographie. Robert Fleck sinniert in einer hinreißenden Live-Performance über den Schweizer Photographen und Dr.-Erich-Salomon-Preisträger Michael von Graffenried. Und nicht zuletzt wagt Ditmar Schädel unter dem Titel "Photographie 2.0“ eine prägnante Gegenwartsanalyse des digitalen Bildes.

Die abschließende Rubrik "Kritik und Würdigung“ berichtet über zahlreiche Aktivitäten und Mitglieder der DGPh in Form von Jubiläumstexten und Nachrufen, persönlichen Rückblicken und publizistischen Neuerscheinungen, Auszeichnungen und aktuellen photokünstlerischen Werkserien.

"frame #4“ – 4. Jahrbuch der DGPh (Hrsg.); zusammengestellt von Dr. Adelheid Komenda und Prof. Dr. Christoph Schaden; 224 S. mit zahlreichen Abb., Auflage: 1.200 Exemplare; Göttingen 2012, Steidl-Verlag; ISBN: 978-3-86930-413-7; € 25,00 (zzgl. Porto)

Zu bestellen über:  mwegener@steidl.de oder dgph@dgph.de
 

Coverphoto: Heinrich Kühn: Stilleben mit Äpfeln, Autochrome um 1910, Copy Right: Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek