Arwed Messmer
RAF. No Evidence / Kein Beweis

Mit Texten von Florian Ebner (DGPh), Uta Grundman und Arwed Messmer
136 Seiten mit 135 Abbildungen
ISBN: 978-3-7757-4346-4; € 45,00

Über die RAF und den Deutschen Herbst 1977 ist in den vergangenen 40 Jahren aus journalistischer, historischer, literarischer, filmischer, künstlerischer Perspektive viel erzählt worden. Ausgangspunkt für das Buch sind für den Photographen Arwed Messmer die unterschiedlichen, von Polizisten gemachten Aufnahmen – Photos von Demonstrationen, Tatortbilder, erkennungsdienstliche Bilder. Er stellt die Frage, wie diese ehemalige kriminalistische Spurensuche heute auch als eine künstlerische produktiv werden kann. Seine Erzählung spannt den Bogen von den Anfängen der Bewegung hin zur multiplen Gewaltentladung 1977, der Entführung und Ermordung von Hanns-Martin Schleyer und dem Suizid von Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe in der JVA Stammheim. Somit hat Messmers Arbeit auch eine bildethische Dimension: welche Aufnahmen darf man zeigen, wie kann man sie zeigen, warum sollen wir sie sehen? Sie rührt an einen zentralen Punkt in der Debatte über Bilder, die einerseits historische Dokumente sind, andererseits ihre eigene Ästhetik und ein großes, kaum steuerbares Potenzial für die empathische Auseinandersetzung mit Geschichte aufweisen. Der bei Hatje Cantz erschienene zweisprachige Bildband mit umfangreichem Insert erlaubt daher einen neuen Blick auf ein traumatisches Kapitel deutscher Geschichte.

 

Timm Rautert (DGPh)
Vintage

100 Seiten
Steidl
ISBN 978-3-95829-237-6; € 48,00

Es gibt Vintage-Automobile, Vintage-Mode, Vintage-Weine und sogar Vintage-Prints. Zu Vintage zählen vor allem Gegenstände industrieller Produktionen seit den 1920er Jahren. Obwohl der Ausdruck »Vintage-Print« im Bereich der Photographie erst spät und mit vielen Diskussionen im Rahmen eines expandierenden Photokunstmarktes relevant wurde, gilt er als König der Abzüge. Für kenntnisreiche Sammler war er stets das Lieblingsobjekt. Heute erreichen die ersten Abzüge, die zum ungefähren Zeitpunkt der Aufnahme vom Photographen selbst erstellt wurden, zum Teil unerschwingliche Preise. Aber was unterscheidet den einen Abzug vom anderen? Was macht den Vintage-Print so besonders? Gibt es objektive Unterschiede oder ist es eher die Empfindung des Photographen oder des Connaisseurs, die zählt? Die fortschreitende Digitalisierung verbunden mit der schwindenden Herstellung von Schwarzweiß-Materialien hat die Entstehung von Vintage-Prints dezimiert und gleichzeitig ihre Beachtung und Wertschätzung gesteigert. Dieses Buch erklärt den Begriff im Kontext der Photographie und seine nicht unkomplizierte Übertragung in den Druck. – Timm Rautert und Ute Eskildsen nehmen dafür drei völlig unterschiedliche Spezialisten ins Blickfeld. Sie zeigen den Sammler Manfred Heiting, den Photorestaurator Martin Jürgens und den Drucker und Verleger Gerhard Steidl.

 

Elger Esser (DGPh)
Morgenland

Mit Texten von Osnat Zukerman Rechter und Özkan Ezli
180 Seiten, 131 Tafeln in Farbe und Duotone
Schirmer/Mosel
ISBN: 978-3-82960797-1; € 58,-

Das Buch »Morgenland« stellt verschiedene Werkgruppen von Elger Esser in Form einer Retrospektive vor. Die Bezeichnung „Morgenland“ antizipiert einen poetischen Akzent der stilistisch den Photographien in ihrer monochromen Farbigkeit entspricht. Für den an künstlerischer Photographie interessierten Leser besonders interessant, ist die Kombination aus Tafeln mit den uns von Esser vertrauten großformatigen Bildmotiven, mit einem stilistisch ganz anders gehaltenen photographischen Tagebuch. In dieser Gegenüberstellung kann sich der Leser in den Entstehungsprozess künstlerischer Photographie hineindenken und die Entstehung der Tafelmotive nachvollziehen. Die Werkserie „Morgenland“ (2004 bis 2015) ist in den für Esser charakteristischen hellen Lichtstimmungen gehalten, beige pastellige Farbigkeit, das klassische analoge Verfahren (Großbildkamera) hat einen außergewöhnlichen Tonumumfang und erzeugt stilistisch durch die „Tarnung von Zeit und Blickperspektiven ein komplexes Verhältnis zu Wahrheit, Authenzität, Geschichte und Erinnerung“ so die Kunstkritikerin Osnat Zukermann Rechter. Diese Bildästhetik unterscheidet sich stark von dem aktuellen Medienbild der Region. Hierbei ist der Vergleich mit den Photographien von Marcel du Camp (1849) und Adolphe Braun (1869) interessant, die damals dieses Land photographisch entdeckten und heute ist es quasi eine Wiederentdeckung unabhängig von politischen Vorgaben. Ist in der literarischen Romantik die Photographie des 19. Jahrhunderts klar und präzise, sind in der heutigen klaren Faktenlage Elger Essers Landschaftsphotographien in monochromen diffusen Lichtstimmungen ein eher romantisierendes Bild der Region. Das Buch „Morgenland“ ist auch textlich ein Vexierspiel aus „Vergangenheit, Mythos und Gegenwart“ der Literatur- und Kulturwissenschaftler (Universität Konstanz) Özkan Ezli stellt Bezüge zu Gustave Flaubert her, der 1849 einen Reisebericht zu den Photographien von Marcel du Camp schrieb und hat diesen Aspekt in einem sehr in informativen Text ausführlich bearbeitet. Bemerkenswert ist, dass Esser diesen an europäischen Themen wie „Cambray, Seestücken“ erprobten Stil jetzt auf das „Morgenland“ mit den Ländern Libanon, Ägypten und Israel überträgt. Es ist eine Photographie, die auch thematisch unwirklich erscheint, sind die uns täglich in den Medien vermittelten Bilder aus Israel, Ägypten und dem Libanon doch von ganz anderer Natur! Die Werkgruppe „One Sky“ (2015) im Buch betont den Aspekt der Gemeinsamkeit mit simultan aufgenommenen Panoramaansichten des Himmels über dem israelisch-libanesischen Grenzgebiet. In der Ausstellung werden diese Motive auf doppelseitig versilberten Kupferplatten vergleichbar Daguerretypien präsentiert und nötigen den Betrachter „beide Standpunkte“ einzunehmen. Der Photograph visualisiert dabei, das was auch die hier ansässigen 3 Weltregionen vermitteln, Land und Himmel sind für alle gleich, die Unterschiede und Gegensätze sind von Menschen konstruiert. Eine Erkenntnis die nicht häufig genug genannt werden kann. Kongruent mit der präsentierten künstlerischen Photographie ist das elegante Buchformat, die anspruchsvolle typografische Gestaltung und Ausstattung des Begleitbuches mit einem leichten chamoisen Ton des Papiers und einem nuancenreichen Duotondruck.

 

Stefan Enders (DGPh)
Weit weg von Brüssel

336 Seiten, 180 Abbildungen
Edition Lammerhuber
ISBN 978-3-901753-96-1; 78,- Euro

Niemand ahnte, welche Aktualität das Projekt „Weit weg von Brüssel“ bekommen würde, als Stefan Enders (DGPh) im März 2015 zu seiner Reise aufbrach: Als Photograph wollte er etwas über die Menschen in der Europäischen Union (EU) erzählen. Und zwar nicht in den Zentren, wo man alles schon kennt, sondern in den Rand- und Grenzregionen. Seine siebenmonatige Reise führte ihn 31.000 Kilometer durch 17 Staaten entlang der Außengrenzen Europas – von Schottland über Nordirland und Irland, Frankreich, Spanien, Portugal und Gibraltar, Italien, Griechenland, Bulgarien, Rumänien und die Ukraine, Polen, Litauen, Lettland und Estland bis nach Finnland: Einmal rund um die Europäische Union. Mehr als 200 Menschen hat Enders dabei porträtiert. In seinen intensiven Schwarzweiß-Bildern zollt er allen den gleichen Respekt: dem Fabrikarbeiter genauso wie dem Gewerkschaftsboss, dem Direktor genauso wie dem Arbeitslosen bis hin zu dem in Europa gestrandeten Flüchtling. Jedes der neun Kapitel des bei Edition Lammerhuber erschienen Bandes beginnt mit den eindrucksvollen Porträts der Menschen, die Enders dort getroffen hat. Danach folgt zunächst die Schilderung seines persönlichen Eindrucks und seiner Erlebnisse in dem jeweiligen Grenzland Europas und wird das Leben der von ihm porträtierten Menschen erzählt. Mit großformatig wiedergegebenen Farbaufnahmen stellt der glühende Europäer Stefan Enders, der als Professor für Photographie an der Hochschule in Mainz tätig ist, dazu das jeweilige Grenzland vor. Die Photographien und Texte betten das Projekt in die aktuelle historische Situation Europas ein. Herausgekommen ist eine ommage an die Menschen dieseHoHommage an die Menschen dieses Europas - eine poetisch-kritische Auseinandersetzung voll Sympathie und Strahlkraft. (vZ)

 

Daniel Biskup  
St. Petersburg – Kontraste

264 Seiten, Deutsch/Russisch/Englisch
Verlag Salz und Silber
ISBN: 978-3-00-057266-1; 39,50 Euro  

Zum 100. Jubiläum der Oktoberrevolution veröffentlicht Photograph Daniel Biskup gemeinsam mit dem Verlag Salz und Silber seinen neuen Bildband: In „St. Petersburg – Kontraste“ nimmt er uns mit auf seine Spaziergänge durch die osteuropäische Metropole, die 1917 zum Schauplatz der russischen Revolution wurde. Er führt uns in Aristokraten-Etagen, die heute Kommunalkas, sozialistische Gemeinschaftswohnungen sind, und in Künstlerateliers und verlassene Hinterhöfe ebenso wie in angesagte Restaurants und Clubs. Und auf den Platz vor dem Winterpalast, wo alljährlich im Mai der Sieg über Hitler-Deutschland gefeiert wird und hochbetagte Veteranen auch von jungen Menschen bejubelt werden. Biskup, der als das „Auge der Revolution in Ost-Europa“ (Der Spiegel) gilt, ist damit ein außergewöhnliches Porträt dieser vielfältigen Stadt gelungen. Die über 280 bisher unveröffentlichten Photos zeugen darüber hinaus nicht nur vom Glanz der Metropole, sie sind auch Symbol des neuen Russlands, in dem die Schatten der Vergangenheit in den staatlichen Gewaltstrukturen wiederkehren. Sorgfältig recherchierte Texte, verfasst in Deutsch, Russisch und Englisch, lassen die Bilder sprechen und ordnen sie zudem in den historischen Kontext ein.

 

Niklas Maak, Johanna Diehl
Eurotopians – Fragmente einer anderen Zukunft

192 Seiten, 140 Abbildungen
Hirmer Verlag
ISBN: 978-3-7774-2883-3; € 34,90

In Europa entstanden in den 1960er- und 70er-Jahren visionäre Architekturen, die die gängigen Vorstellungen vom Wohnen grundsätzlich infrage stellten. Viele dieser Gebäude sind verfallen, die Architekten vergessen – obwohl sie noch dort leben. Niklas Maak, der Leiter des Kunstressorts der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), hat sie besucht und eine ‚Archäologie des Utopischen‘ entworfen, die zeigt, dass in den Ruinen entscheidende Ideen für die Welt von morgen zu finden sind. Der im Hirmer-Verlag, München, erschienene kluge Architekturband „versammelt die Werke von sieben ‚Utopisten‘, die sehr unterschiedliche Häuser gebaut haben. Jedes dieser Häuser war ein Versuch, Wohnen jenseits der bekannten Kategorien und Formen grundlegend neu zu denken“, schreibt Maak in seiner Einführung. Jedem Baukünstler – Yona Friedman, Cini Boeri, Renée Gailhoustet, Dante Bini, Hans Walter Müller, Claude Parent und Antti Lovag - ist ein separates Kapitel gewidmet, in dem die Architektin/der Architekt zunächst vorgestellt, der jeweilige Lebenslauf geschildert und die Ideen und Überlegungen dargelegt werden. Die Photographin Johanna Diehl, die an der Hochschule für Graphik und Buchkunst in Leipzig sowie an der École nationale supérieure des beaux-arts in Paris studierte, hat von den vor nunmehr über 50 Jahren entstandenen Wohneinheiten neue, beeindruckende Aufnahmen von großer Eindringlichkeit geschaffen: In den Ruinen der utopischen Moderne entdeckt sie Bilder von revolutionären Lebensvorstellungen, die überraschend aktuell wirken. (vZ)

 

Norbert Bunge (DGPh)
Fotografien

Hrsg.: Mathias Bertram
176 Seiten mit 134 Duotone-Abbildungen
Lehmstedt Verlag
ISBN: 978-3-95797-059-6;  30,- Euro

Wer den Photographien dieses im Lehmstedt Verlag, Leipzig, erschienenen Buches folgt, begibt sich auf eine über alle fünf Kontinente führende Weltreise, die zugleich eine Zeitreise von den frühen 1960er Jahren bis in die jüngste Vergangenheit ist. Dabei sind die aufgesuchten Orte so vielfältig, der Zeitraum der Beobachtungen so weitgespannt und die Eindrücke, die sie vom Leben in aller Welt vermitteln, so intensiv, dass man glauben könnte, eine Anthologie bekannter Photographen in der Hand zu haben. Tatsächlich handelt es sich jedoch um die Bilanz der künstlerischen Arbeit des vielgereisten Berliner Photographen und Galeristen Norbert Bunge, der bislang vor allem als Filmemacher und als Kurator von mehr als 100 Photoausstellungen bekannt geworden ist. Mit seinen hier erstmals gesammelt publizierten Aufnahmen erweist er sich als sensibler Beobachter von Menschen und ihrer Lebensverhältnisse mit einem sicheren Sinn für klassische Bildkomposition.
Norbert Bunge (geb. 1941), aufgewachsen in Berlin, arbeitete zunächst erfolgreich als Filmemacher, Kameramann, Photograph und von 1962 bis 1970 als Kameramann im Berliner Studio des ZDF. Seit 1996 ist er Inhaber der Berliner Galerie „argus fotokunst“.

 

Christopher Thomas
Lost in L.A.

144 Seiten
Prestel Verlag
ISBN: 978-3-7913-8375-0;  € 49,95

Wer eine Metropole wie Los Angeles mit fast vier Millionen Einwohnern für sich alleine haben will, muss ziemlich früh aufstehen. Für seinen neuesten bei Prestel erschienenen Bildband ist Christopher Thomas schon vor dem Morgengrauen losgezogen, um L.A. von einer ungewohnt menschenleeren Seite zu porträtieren. Die Bilder, die der Photograph dabei eingefangen hat, zeigen die Protagonistin zahlloser Hollywood-Streifen einmal ganz ohne den üblichen Rummel. Nichts stört den Blick auf das ungeschminkte Gesicht der in die Jahre gekommenen Diva – es gibt weder Menschenmassen noch Blechkarawanen.
Durch den spannenden Mix aus Bekanntem und Unbekanntem gelingt es Thomas, die „Stadt der Engel“ aus einem ganz neuen Blickwinkel zu zeigen. Der rastlose Sucher kontrastiert berühmte Filmpaläste mit heruntergekommenen Tanzschuppen und zeigt so zwei Seiten ein und derselben Medaille. Ihren traumhaften Charakter verdanken seine stimmungsvollen Momentaufnahmen nicht zuletzt dem Handwerkszeug, das er für sein Projekt gewählt hat: einer großformatigen 9x12-Polaroid-Fachkamera und Filmen, die ihr Haltbarkeitsdatum schon längst überschritten hatten.

 

Bettina Pousttchi
World Time Clock

Mit Texten von Melissa Chiu und Melissa Ho
96 Seiten mit 53 Abbildungen
Hatje Cantz Verlag
ISBN: 978-3-7757-4359-4; € 35,-

Bettina Pousttchi (geb. 1971) zählt zu den bedeutendsten deutschen Künstlerinnen ihrer Generation. Der Band „World Time Clock“ ist ihr bisher umfangreichstes Photoprojekt, an dem sie acht Jahre lang arbeitete. Bettina Pousttchi reiste dafür in mehreren Etappen um die Welt und photographierte an ausgewählten Orten in 24 unterschiedlichen Zeitzonen jeweils eine öffentliche Uhr um fünf Minuten vor zwei. Zu den bereisten Städten gehören Kapstadt, Dubai, Tashkent, New York, Sydney und Mexico City. Dieses weltumspannende Werk zur politischen und sozialen Organisation von Zeit und Raum hatte von Juni 2016 bis April 2017 seine Ausstellungspremiere im Hirshhorn Museum and Sculpture Garden des Smithsonian Institutes in Washington DC. Während der zehn Monate wurde auf einer ganzen Etage des Museums die komplette 24 teilige, großformatige Photoserie in einer 360 Grad Installation erlebbar. Der Katalogband dokumentiert diese bemerkenswerte Ausstellung in einem der führenden Museen der USA.

 

Hans Georg Berger
Einsichten – Drei Reisen in die innerste Welt des schiitischen Islam

Hrsg.: Boris von Brauchitsch und Saeid Edalatnejad
248 Seiten mit etwa 180 Duplexabbildungen
Kehrer Verlag
ISBN 978-3-86828-818-6; € 39,90

Nie zuvor hat sich ein westlicher Photograph so ausführlich mit dem Leben in den religiösen Hochschulen des schiitischen Islam in Iran befasst. Als Hans Georg Berger die Zentren für das Studium von Religion und Wissenschaft in Qom, Isfahan und Mashhad besuchte, war das für beide Seiten eine wichtige und neue Erfahrung. Die Vielfalt der Haltungen wird dabei ebenso anschaulich, wie die Orte oder Riten und der Dialog als konstitutives Element der schiitischen Lehre. Gut hundert Jahre vor Berger begannen auf Initiative zweier persischer Schahs – Naser al-Din, der Vater (1831 – 1896) und Mozaffar ad-Din, der Sohn (1853 – 1907) – Exkursionen zu den heiligen Stätten von Kerbala und Nadschaf. Was sie beziehungsweise ihre Hofphotographen mitbrachten, sind faszinierende Dokumente, die heute als Teil des Kerbala-Korpus zum UNESCO Programm Memory of the World gehören. Sie werden in dem im Kehrer Verlag erschienenen Band zum ersten Mal veröffentlicht, gefördert vom Auswärtigen Amt als Teil des deutsch-iranischen Wissenschafts- und Kulturdialogs. Die Aufnahmen von frühen iranischen Photographen aus dem Umfeld der Schahs und die Bilder Bergers geben einen einzigartigen Einblick und sind wesentliche photographische Projekte einer Beschäftigung mit dem Anderen, der innersten Welt des schiitischen Islam, aus dem Blickwinkel der Kamera.

 

Mehr Frauen auf Bäumen
Hrsg. Jochen Raiß
112 Seiten mit 50 Abbildungen
Hatje Cantz Verlag
ISBN: 978-3-7757-4314-3; € 15,-

„Mehr Frauen auf Bäumen“ ist der zweite Band eines Erfolgsbüchleins, das 2016 mit einem Augenzwinkern den internationalen Buchmarkt eroberte. Die Fortsetzung steht seinem Vorgänger in nichts nach: Die einzigartige Sammlung historischer Amateurphotographien, zusammengetragen und kuratiert von Künstler Jochen Raiß, zeigt ein gleichermaßen humorvoll wie liebenswürdig inszeniertes Phänomen: Junge Frauen, die auf Bäumen posieren. Dabei hatte alles mit einem Zufall angefangen: Der Herausgeber fand vor 25 Jahren zufällig auf einem Flohmarkt in Frankfurt am Main das Photo einer Frau auf einem Baum, das ihm auf Anhieb gute Laune machte. Dann entdeckte er auf einem seiner Beutezüge durch Trödelläden und Flohmärkte irgendwann ein weiteres Bild einer Frau auf einem Baum. Seither sucht er, wo immer er Kartons voller alter, aussortierter Photos sieht, gezielt nach diesem Motiv. Mittlerweile zählt seine Sammlung von Frauen auf Bäumen 140 Aufnahmen, die er in alten Holzkisten aufbewahrt. Im nun bei Hatje Cantz erschienenen zweiten Band „Mehr Frauen auf Bäumen“ posiert das weibliche Geschlecht sportlich im Badeanzug, rittlings mit Cowboy-Hut, auch mal an der Bierflasche nippend oder lässig über dem See thronend –  jedes Bild hat seine eigene Anmutung und Geschichte, die zum Entdecken einlädt.

 

Barbara Siewer
Rua Hiroshima - Kinder im Friedensdorf

160 Seiten, mit zahlreichen farbigen Abbildungen
Klartext Verlag
ISBN: 978-3-8375-1799-6; € 24,95

Das Friedensdorf International in Oberhausen führt jedes Jahr Hilfseinsätze überall auf der Welt durch. Die Kinderhilfsorganisation holt kranke und verletzte Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten nach Deutschland, um sie hier medizinisch zu versorgen. Kinder, die zu Hause keine Chance auf Heilung haben, werden nach Deutschland geflogen und in einem der zahlreichen kooperierenden europäischen Krankenhäuser kostenlos behandelt; im Anschluss leben sie im Friedensdorf, wo sie sich in der multikulturellen Gemeinschaft erholen und in Ruhe gesund werden können, bevor sie in ihre Heimat zurückkehren.
Die Photographin Barbara Siewer hat zwei Jahre lang die Kinder, die im Friedensdorf International in Oberhausen an der Rua Hiroshima leben, begleitet. Ihre durchweg farbigen Aufnahmen  dokumentieren einfühlsam den Alltag im Friedensdorf International. Daraus ist, versehen mit einem Grußwort von Günter Lamprecht und einer Einführung der Photographin sowie Bildlegenden von Sebastian Majstorovic, ein kleiner Bildband entstanden, der im Klartext Verlag, Essen, erschienen ist.

 

Peter Mathis
Alpen

192 Seiten mit zahlreichen Schwarzweiß-Bildern
Prestel Verlag
ISBN: 978-3-7913-8381-1;  € 49,95

Millionen von Menschen sind Jahr für Jahr in den Alpen unterwegs, und so manche von ihnen sind ausgemachte Kenner. Doch selbst die dürfte der im Prestel Verlag erschienene Bildband von Peter Mathis überraschen. Denn der österreichische Photograph zeigt den Tourismusmagneten von einer ganz anderen Seite - seine Aufnahmen sind sensible Porträts, denen man die tiefe Verbundenheit des Künstlers mit seinem Sujet anmerkt. Kein Wunder, denn Peter Mathis zog es schon als Teenager zum Klettern in die Alpen. Als Profi-Photograph, dessen Interesse der unverfälschten Natur gilt, verfolgt er konsequenterweise eine etwas andere Herangehensweise: „Ich versuche bewusst einen Schritt zurück zu machen. Nur mit Abstand kann man die wahre Dimension der Berge wirklich erkennen.“ Statt bekannte Szenarien abzulichten, sucht der Naturliebhaber nach dem perfekten Ausschnitt, der speziellen Perspektive, dem richtigen Licht und dem einen Moment, der eine ganz eigene Facette des gewaltigen Gebirgsmassivs offenbart. Das kann der Augenblick sein, in dem der Nebel eine Felsformation freigibt, oder schneebedeckte Berggipfel im diffusen Licht eine eindringliche Präsenz bekommen. Die ästhetischen Schwarz-Weiß-Photographien zeigen auch immer wieder den Mensch als Teil der Natur und damit die Dimension der Berglandschaften. Sie laden den Betrachter ein, das Phänomen Alpen aus verschiedenen Blickwinkeln zu erleben. Für einen besonders spannungsreichen Bildgenuss sorgt der gekonnte Mix aus starken Kontrasten, feinen Abstufungen und ungewöhnlichen Proportionen, mit denen Peter Mathis seine fast schon theatralischen Motive inszeniert. Dies schildert auch Jan Kirsten Biener, u.a. Projektleiter des SZ-Magazins „Stil Leben“, in seiner Einführung.

 

Fred Mortagne
Attraper au Vol – Catch in the Air

Mit Essays von Anton Corbijn und Geoff Rowley
132 Seiten mit 57 Schwarzweiß-Photographien
Um Yeah Arts (USA)
ISBN: 978-1-942884-08-8; € 45,-

Der aus Frankreich stammende Skateboarder, Photograph und Filmer Fred Mortagne, in der Szene auch als ‚French Fred‘ bekannt, legt mit „Attraper au Vol – Catch in the Air“ seine erste Publikation vor. Diese enthält insgesamt 57 Schwarzweiß-Photographien vom Skateboarden, aber auch von Straßenszenen aus mittlerweile 15 Jahren Photographie. Mortagne begann 1998 in Kalifornien Videos mit den besten Skateboardern zu drehen. 2000 stellte er fest, dass die ungewöhnlichen und attraktiven Blickwinkel noch besser mit photographischen Mitteln darzustellen sind und fand so seinen ganz persönlichen Stil. Schon das Cover des Buchs vermittelt das Gefühl von Schwerelosigkeit. Es zeigt einen Skateboarder, der inmitten eines großen Rohrs zu schweben scheint, sein Schatten spiegelt seine Bewegung bis ins kleinste Detail wider. Diese Art von Darstellung wird bei all seinen perfekt durchkomponierten Bildern sichtbar – eher graphisch mit einer Mischung aus Flächen und Linien, aus Geometrie und Bewegung gestaltet, dennoch dynamisch und in ungewöhnlicher Linienführung. Sowohl beim Photographieren der Skateboarder als auch der Straßenszenen hat Mortagne mit dem „Frangle“, wie seine Freunde seinen besonderen Blickwinkel nennen, eine eigene Bildsprache entwickelt: Ein schwarzweißes Fest der Linien und Winkel. Diese Art der Darstellung bewundert auch sein berühmter Kollege Anton Corbijn in seinem Vorwort zu dem Buch, während der legendäre Skateboarder Geoff Rowley, mit dem Fred Mortagne intensiv zusammenarbeitete, in seinem Essay feststellt, dass beide, Skater und Photograph, letztlich die in einer Stadt vorhandenen baulichen Gegebenheiten kreativ und ganz individuell nutzen. (vZ)



Christine Karallus (DGPh)
Die Sichtbarkeit des Verbrechens

456 Seiten
Logos Verlag, Berlin
ISBN 978-3-8325-4517-8; 49,80 Euro

Mit einem Entscheid des Deutschen Reichsgerichts in Strafsachen vom 5. Januar 1903 werden Tatortphotographien als Beweismittel in der Hauptverhandlung zugelassen. Erstmalig in der Rechtsgeschichte wird damit einer apparativen Bildtechnik das Recht erteilt, im deutschen Rechtssystem als Träger und Instanz rechtlicher und kriminalistischer Kommunikation zu operieren. Zugriff und Repräsentanz beruhen fortan auf einer technisch armierten Justiz.Das Gleiche gilt für die Umgangsweisen in Bezug auf die Durchsetzung von Macht- und Erfassungshoheiten von Justiz und Kriminalpolizei bei der Tatortsicherung. Denn nun konnte das erkennende Gericht anhand der Tatortphotographien den Tatort in Augenschein nehmen und seine Entscheidungen, ob es eine Tatsache für bewiesen hielt, auf Photographien stützen. Diese Positionierung des technischen Bildes ist in der Geschichte der Strafprozessordnung einzigartig und bis heute in den Diskussionen um die Zeugenschaft, Objektivität und Unmittelbarkeit der technisch digitalen Bilder und den dabei auftretenden Gefahren innerhalb der Wahrheitsfindung tief verwurzelt. Anhand der ersten Tatortphotographien aus Berlin, die zwischen 1896 und 1917 entstanden, zeichnet die Autorin Christine Karallus (DGPh) in interdiskursiver Perspektive die medienspezifischen, juristischen und kriminalistischen Voraussetzungen und Bedingungen nach, aufgrund derer die photographische Konstruktion einer Straftat sowie die Konstruktion eines Beweises über die Photographie vor Gericht ermöglicht wurde.

 

Steffen Siegel (DGPh)
First Exposures    

448 Seiten, 57 S/W Abbildungen, Englisch
Getty Publications    
ISBN 978-1-60606-524-2; € 66,49   

An exact date for the invention of photography is evasive. Scientists and amateurs alike were working on a variety of photographic processes for much of the early nineteenth century. Thus most historians refer to the year 1839 as the “first” year of photography, not because the sensational new medium was invented then, but because that is the year it was introduced to the world.
After more than 175 years, and for the first time in English, First Exposures: Writings from the Beginning of Photography brings together more than 130 primary sources from that very year—1839—subdivided into ten chapters and accompanied by fifty-three images of significant visual and historical importance. This is an astonishing work of discovery, selection, and—thanks to Steffen Siegel’s introductory texts, notes, and afterword—elucidation. The range of material is impressive: not only all the chemical and technological details of the various processes but also contracts, speeches, correspondence of every kind, arguments, parodies, satires, eulogies, denunciations, journals, and even some poems. Revealing through firsthand accounts the competition, the rivalries, and the parallels among the various practitioners and theorists, this book provides an unprecedented way to understand how the early discourse around photographic techniques and processes transcended national boundaries and interconnected across Europe and the United States.

 

The Filmmaker's View - 100 Years of ARRI
Texte von Jon Fauer, Mark Hope-Jones und Sophie Kill
264 Seiten mit 226 Abbildungen
Hirmer Verlag
ISBN: 978-3-7774-2857; € 49,90

September 1917: die jungen Filmemacher August Arnold und Robert Richter mieten in München einen kleinen Laden und begründen mit einer Filmkopiermaschine die Firma Arri. 100 Jahre später ist das Unternehmen der Kamera-Weltmarktführer und gleichzeitig technischer Vorreiter. Legendäre Kameras wie die Arriflex (Easy Rider) oder die digitale Arri Alexa (James Bond 007: Skyfall) führten dazu, dass das Unternehmen bereits 19-mal mit dem Oscar für technische Innovationen ausgezeichnet wurde. Aber auch fernab von Hollywood werden Arri-Kameras für die Wissenschaft und Medizin eingesetzt. In dem im Hirmer-Verlag, München, zum 100jährigen Jubiläum erschienenen Band „The Filmmaker’s View“ schildern 100 berühmte Filmschaffende aus aller Welt ihre Erlebnisse mit Arri. In dem Band kommen Regisseure, Kameraleute, Beleuchter, Historiker, Produzenten und Erfinder von Thierry Arbogast über Tom Fährmann, Roman Polanski und Tom Tykwer bis Mark Zydowicz in alphabetischer Reihenfolge jeweils auf einer Doppelseite zu Wort  – ein spannender Blick hinter die Kulissen und eine unterhaltsame Reise von der Zelluloidära bis ins digitale Filmzeitalter. Lebendige Filmgeschichte: ein Muss für alle Cineasten.  (vZ)